Das Finanzgericht Niedersachsen entschied in diesem Urteil über den Abzug der Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen. Das Gericht ging auf die zwei Kriterien, die Außergewöhnlichkeit und die Zwangsläufigkeit, ein und bezog sich dabei auf den § 33 Abs. 1 und Abs. 2 EStG.

Nachfolgend erhalten Sie eine kurze Darstellung über die Aussage dieser Norm.
In Absatz 1 gibt der Gesetzgeber eine Definition über die außergewöhnliche Belastung. Demnach sind außergewöhnliche Belastungen die Belastungen, welche einem Steuerpflichtigen zwangsläufig entstehen. Außergewöhnlich aufgrund dessen, da sie bei der überwiegenden Mehrzahl von Steuerpflichtigen mit gleichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht vorhanden sind.
In Absatz 2 wird die Zwangsläufigkeit behandelt. Hiernach entstehen dem Steuerpflichtigen die Aufwendungen zwangsläufig, wenn er sich diesen aus rechtlichen, tatsächlichen und sittlichen Gründen nicht entziehen kann und diese Aufwendungen demnach notwendig sind. Zudem zählen Prozesskosten nur zu außergewöhnlichen Belastungen, wenn der Steuerpflichtige Gefahr liefe seine Existenzgrundlage zu verlieren und die lebensnotwendigen Bedürfnisse nicht mehr bedienen zu können.

Außergewöhnlichkeit nach § 33 Abs. 1 EStG:
Das Fundament zur Beurteilung der Scheidungskosten legte ein Urteil im Jahre 1955, welches besagte, dass die Aufwendungen für eine Scheidung außergewöhnlich seien, da durch das Getrenntleben den Betroffenen ein Mehraufwand entsteht. Seither berücksichtigt die Finanzverwaltung ohne weitere Prüfung des Tatbestandes die Scheidungskosten als außergewöhnlichen Aufwand. Das Finanzgericht Niedersachsen hingegen beurteilt, dass sich die gesellschaftlichen Verhältnisse seit den 1950er Jahren deutlich geändert haben. Damals lag eine Scheidungsquote von 15 % zugrunde, diese Quote liegt heute zwischen 35 % und 40 %. Überdies rechnet das Gericht die Mehrfachehen in die Quote ein und zieht die Vergleichsgruppe der frisch Geschiedenen heran.
Aufgrund dieser Ermittlung ist eine Scheidung nicht mehr als außergewöhnlich anzusehen und der Abzug als außergewöhnliche Aufwendungen ausgeschlossen.

Zwangsläufigkeit nach § 33 Abs. 2 EStG:
Nach der wörtlichen Auslegung des Gesetzgebers, ist mit den Begriffen „Existenzgrundlage“ und „lebensnotwendigen Bedürfnisse“ nur die wirtschaftliche Betrachtungsweise in Frage gestellt. Dies bekräftigt auch eine Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes. Nach dieser Rechtsprechung dienen seelische oder emotionale Gesichtspunkte nicht der Sicherung der Existenzgrundlage. Durch eine Rechtsprechung wurde festgelegt, dass Zivilprozesskosten vom Abzug als außergewöhnliche Belastungen ausgeschlossen sind. Infolgedessen unterliegen auch die Scheidungskosten dem Abzugsverbot im Rahmen des § 33 EStG. Zudem sei durch das System der Prozesskostenhilfe, jederzeit sichergestellt, dass der Steuerpflichtige unabhängig von seinem Einkommen eine Scheidung durchführen kann. Dadurch sei das wirtschaftliche Existenzminimum zu keinem Zeitpunkt gefährdet.

Der Gesetzgeber hat eine eindeutige Regelung zum Abzug der Zivilprozesskosten geschaffen, welche nicht weit auslegbar ist. Durch diese Abzugsverbote ist nun auch der Abzug von Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastung ausgeschlossen. Ob gegen dieses Urteil Revision eingelegt wird, ist bislang nicht bekannt und bleibt abzuwarten.

Urteil des Finanzgerichts Niedersachsen vom 18. Februar 2015