Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat die Kabinettvorlage zur Erbschaftsteuerreform versandt. Demnach sollen Firmenerben auch in Zukunft weitgehend von der Steuer befreit werden, wenn sie das Unternehmen fortführen und damit Arbeitsplätze erhalten. Gleichwohl sollen die Erben großer Betriebsvermögen mehr an das Finanzamt zahlen. Im Folgenden erhalten Sie eine Aufstellung der momentan wichtigsten Änderungen und Fragen.

Minimalinvasive Änderung, wie es versprochen wurde?
Tatsächlich sind einige punktuelle Änderungen vorgenommen worden. Das Unternehmensvermögen bleibt weiterhin von der Erbschaftsteuer befreit, wenn der Erbe / Beschenkte den Betrieb weiterführt und die damit einhergehende Beschäftigung sichert. Die Grundkonzeption der Verschonungsregelung, mit der Gewährung eines Verschonungsabschlags von 85 % bei einer Weiterführung des Betriebs über 5 Jahre (Regelverschonung) bzw. von 100 % bei einer Weiterführung von 7 Jahren (Optionsverschonung) und eines Abzugsbetrags von maximal 150.000 EUR, wird somit grundsätzlich beibehalten. An die Voraussetzung der Anwendung dieses Abschlags sind jedoch bestimmte Voraussetzungen geknüpft, welche durch die Reform verschärft werden. Viele Änderungen beziehen sich somit auf die tatsächlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der erbschaftsteuerlichen Begünstigungen. Generell wird das „Alles-oder-Nichts-Prinzip“ im Rahmen des bisherigen Verwaltungsvermögenstests abgeschafft und durch ein „Aufteilungsprinzip“ ersetzt. Nach diesem „Aufteilungskonzept“ sind die erbschaftsteuerlichen Begünstigungen nur noch auf das begünstigte Unternehmensvermögen anzuwenden. Nicht begünstigte Unternehmensvermögen unterliegt dann in vollem Umfang der Erbschaftsteuer. Zur Gewährung des Verschonungsabschlags müssen außerdem bestimmte Mindestlohnsummen und Mindesthaltefristen eingehalten werden.


Änderung der Mindestlohnsummen:
Bisher waren Unternehmen mit bis zu 20 Beschäftigten nicht dazu verpflichtet, die Auflagen für die Lohnsummen einzuhalten. Nach der Kabinettvorlage muss die Lohnsummenvoraussetzung nun von allen Unternehmen mit mehr als 3 Mitarbeitern eingehalten werden.
Unternehmen, die zwischen 4 und 10 Beschäftigte haben, kommen aber in den Genuss einer geringeren Mindestlohnsumme. Für die Inanspruchnahme des Abschlags von 85 % müssen die Unternehmen über fünf Jahre eine Lohnsumme von 250 % nachweisen und nicht von 400 %. Bei einem Mindestlohnsummenzeitraum von 5 Jahren sinkt damit die durchschnittliche pro Jahr einzuhaltende Lohnsumme für diese kleinen Unternehmen von 80 % p. a. auf 50 % p. a. Um eine komplette Steuerbefreiung von 100 % zu erreichen, muss für Unternehmen, die zwischen 4 und 10 Mitarbeitern beschäftigen, über 7 Jahre eine Lohnsumme von 400 % nachgewiesen werden. Bei Unternehmen, welche zwischen 11 und 15 Mitarbeiter beschäftigen gelten Lohnsummen von 300 % (5 Jahre Nachweis, Steuerbefreiung 85 %) bzw. von 565 %. (7 Jahre Nachweis, Steuerbefreiung 100 %). Ab 15 Mitarbeitern gelten die Lohnsummen wie bisher. Mitarbeiter, welche sich im Mutterschutz, der Elternzeit befinden oder Auszubildende und Langzeiterkrankte sind, werden bei der Lohnsummenregelung nicht eingerechnet. Wird dagegen die Optionsverschonung beantragt, steigt die die für den 100 %-Abschlag notwendige Mindestlohnsumme auf 500 %, was eine durchschnittlich einzuhaltende Lohnsumme von
100 % p. a. entspricht.


Änderung für „große“ Unternehmenserben:
Die größte Veränderung betrifft Großunternehmen. Diese sollen generell nicht mehr ohne eine Bedürfnisprüfung in den Genuss der erbschaftsteuerlichen Begünstigungen kommen. Demnach wird bei einem unentgeltlich übertragenen Betriebsvermögen, dessen Wert 26 Millionen Euro übersteigt, künftig geprüft, ob der Nutznießer die gängigen Steuern überhaupt aus seinem Privatvermögen zahlen kann oder, ob ihn die Erbschaftsteuer finanziell überfordert. Diese so genannte „Bedürfnisprüfung“ greift erst ab dem Schwellenwert von 26 Millionen Euro. Bei dieser Prüfung muss der Erbe dem Finanzamt seine Vermögenslage aufdecken. Sollte er dies gegenüber dem Finanzamt nicht vornehmen, steigt die Steuerlast auf das Unternehmensvermögen. Dies bedeutet, wenn er hauptsächlich nur betrieblich genutztes Vermögen besitzt, profitiert er von der Verschonungsregel. Sollte er jedoch größere Finanzreserven, wertvolle Kunstwerke oder Immobilien besitzen, muss er mehr Steuern zahlen. Der Schwellenwert gilt dabei für jeden Erben. Wenn bei einem großen Unternehmenserbfall mehrere Angehörige bedacht werden, können diese auch ohne Bedürfnisprüfung von der Erbschaftsteuer verschont bleiben.


Ausnahmen für typische Familienunternehmen:
Die einzige Ausnahme existiert für Familienunternehmen und besagt, dass der Schwellenwert für die Bedürfnisprüfung hier doppelt so hoch liegt und somit bei 52 Millionen Euro. Die Kriterien zur Anwendung sind zum Beispiel, dass der Verkauf einer Beteiligung nur an Angehörige stattfinden darf und Abfindungen erheblich unter dem gemeinen Wert bei Ausscheiden eines Mitinhabers liegen müssen.
Generell gilt, dass bei einer „Nicht-Aufdeckung“ des Privatvermögens mehr Steuern gezahlt werden müssen, da die Steuerlast auf das Unternehmensvermögen steigen wird. Der sogenannte Verschonungsabschlag sinkt folglich, je höher der Wert des Betriebsvermögens über dem Schwellenwert liegt (je 1,5 Millionen Euro um einen Prozentpunkt).


Gibt es noch weitere Änderungen?
Zukünftig sollen nur noch Vermögenswerte im Unternehmen verschont werden, die dem Hauptzweck nach betrieblich genutzt werden. Des Weiteren kommt ein pauschaler Aufschlag für notwendige Finanzreserven hinzu.


Fazit:
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Änderungen aus Sicht der Großunternehmererben kontrovers zu sehen sind. Zwar bleibt geerbtes Betriebsvermögen weiterhin unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei, damit der Betrieb weitergeführt und Arbeitsplätze erhalten werden, aber die Voraussetzungen für die Erlangung der Steuerverschonung bzw. Befreiung sind deutlich enger gefasst worden. Dies manifestiert sich sowohl in den neuen Grenzen bzgl. der Mindestlohnsummen als auch in der Erhöhung der Prüfschwelle, bei der die Nachfolger ihre privaten Vermögensverhältnisse aufdecken und gegebenenfalls Erbschaftsteuer zahlen müssen. Die Erben, welche ihr Vermögen nicht aufdecken wollen, werden vom Finanzamt weniger verschont werden. Die Regelung, dass das Betriebsvermögen, unabhängig von dessen Wert, verschont bleibt, solang der Erbe den Betrieb lange genug fortgeführt und die damit einhergehende Beschäftigung erhalten hat wird es so einfach nicht mehr geben.